97-prozentiger Klimakonsens? Analyse des zweiten Teils der Cook-Studie

Einleitung

Im letzten Artikel habe ich mich ausführlich zur Cook-Studie „Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature“ von 2013 und deren sehr kreativen Umgang mit Zahlen ausgelassen.

In Summe kam ich zur ersten Hälfte der Cook-Studie zu folgendem Ergebnis:

In 99,46 % aller wissenschaftlichen Arbeiten ist eine Zustimmung zur These des überwiegenden Anteils des Menschen am Klimawandel nicht erkennbar. Viele halten den Anteil des Menschen für geringer oder macht keine klare Aussage dazu. Die überwiegende Mehrheit von mehr als 66% macht keine Aussage zu dieser Fragestellung. Ein geringer Teil lehnt gar einen überwiegenden oder wenigstens maßgeblichen menschlichen Anteil am Klimawandel eindeutig ab.

Lediglich 0,54% aller Veröffentlichungen behaupten einen überwiegenden Anteil des Menschen am Klimageschehen.

Außerdem ist die Datenbasis der Studie fehlerbehaftet, zahlreiche Veröffentlichungen sind in falsche Kategorien eingeordnet, was eine Stichprobe ergab. Das könnte bei nochmaliger Prüfung die ermittelten Anteile der Veröffentlichungen deutlich zu Gunsten der Ablehner des überwiegenden Anteils den Menschen verschieben.

 

Weil dieses Ergebnis nicht mit der zusammenfassenden Aussage von Cook et al. übereinstimmte, dass ganze 97,1% aller Arbeiten dem „Klimakonsens“ des überwiegend menschgemachten Klimawandels zustimmten, war es wert, dazu eine Veröffentlichung zu machen. Der 14 Din A4 Seiten umfassende Artikel wurde ausnahmsweise als Gastartikel auf anti-spiegel.ru veröffentlicht.

Thomas Röper von Anti-Spiegel.ru bestätigte mir inzwischen, dass mein Artikel der meistgelesene Artikel seiner Seite sei. Alleine schon wegen des starken öffentlichen Interesses lohnt es sich, das Thema weiter zu vertiefen was ich hiermit mache.

Fehler

Es ist bei so vielen Lesern nachvollziehbar, dass mich viele Briefe erreichten. Neben sehr viel Zuspruch waren da auch einige kritische Zuschriften, die zu Recht bemängelten, dass ich selbst Fehler bei der Neueinordnung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen gemacht habe.

Diese Fehler sind inzwischen in der tabellarischen Zusammenfassung der Abstracts im Artikel auf meiner Homepage behoben und dort in den aktualisierten Artikel eingeflossen. Dort wurden auch die Korrekturen am Ende des Artikels dokumentiert.

Der alte Artikel ist in seiner ursprünglichen Form bei „anti-spiegel.ru“ einsehbar.

 

Falsch ins Deutsche übersetzt?

Ein weiterer Kritikpunkt war, dass ich die Zustimmungsgruppen von Cook et al. und ein Zitat aus dem „Handbuch zum Konsens“ falsch übersetzt hätte bzw., dass die Übersetzung in der deutschen Version des Handbuchs falsch sein solle.

Diese Kritikpunkte sind leider noch nicht einmal im Ansatz korrekt.

Die von mir übersetzten Zustimmunsgkategorien stammen aus dem Rohdatensatz der Cook-Studie. Inhaltlich unterscheiden sich diese nicht von den Zustimmungskategorien in der veröffentlichten Studie.

Es gibt zusätzlich Streit über folgenden Satz aus der Einleitung von Cooks Studie:

Among abstracts expressing a position on AGW, 97.1% endorsed the consensus position that humans are causing global warming. 

Heißt dieser Satz übersetzt nun:

Unter den Abstracts, die eine Position zur menschgemachten bzw. anthropogenen globalen Erwärmung (AGW) ausdrücken, befürworten 97,1% den Konsens, dass Menschen die globale Erwärmung verursachen.

(Automatische Übersetzung durch Google Translator)

Oder aber soll es heißen:

Unter den Abstracts, die eine Position zur menschgemachten bzw. anthropogenen globalen Erwärmung ausdrücken, befürworten 97,1% den Konsens, dass Menschen globale Erwärmung verursachen.

(Gemeint ist hier nur ein Teil der globalen Erwärmung)

In der Tat drücken sich Cook et al. hier nicht eindeutig aus.

Vergleicht man jedoch diese Äußerung mit anderen Äußerungen aus der von Cook authorisierten deutschen Übersetzung zum „Konsens-Handbuch“ , dann findet man darin sehr eindeutige Ausformulierungen zu dieser Fragestellung:

Zum Beispiel das Zitat:

97% der Klimaforscher haben aus der Beweislage geschlossen, dass der Mensch den aktuellen Klimawandel verursacht.

Cook, J., van der Linden, S., Maibach, E., & Lewandowsky, S. (2018). The Consensus Handbook. DOI:10.13021/G8MM6P. Seite 1. Hervorhebung durch den Autor.
Verfügbar unter http://www.climatechangecommunication.org/all/consensus-handbook/

oder aber:

Den aktuellen Stand des wissenschaftlichen Konsenses (97%) zu vermitteln, erhöht nicht nur den wahrgenommenen Konsens. Es steigert auch die Akzeptanz der Tatsache, dass die globale Erwärmung real und menschengemacht ist und ein ernsthaftes Problem darstellt.

Cook, J., van der Linden, S., Maibach, E., & Lewandowsky, S. (2018). The Consensus Handbook. DOI:10.13021/G8MM6P. Seite 18. Hervorhebung durch den Autor.
Verfügbar unter http://www.climatechangecommunication.org/all/consensus-handbook/

Jetzt könnte man argumentieren, dass hier der Übersetzer abermals fehlerhaft gearbeitet hat. Das kann man aber so nicht stehen lassen. Denn wir lesen u.a. folgendes in der deutschen Fassung des Handbuchs:

Deutsche Übersetzung: Bärbel Winkler, Timo Lubitz, Thomas Traill

Cook, J., van der Linden, S., Maibach, E., & Lewandowsky, S. (2018). The Consensus Handbook. DOI:10.13021/G8MM6P. Seite 0.
Verfügbar unter http://www.climatechangecommunication.org/all/consensus-handbook/

Die an erster Stelle genannte Bärbel Winkler, die hier als Hauptverantwortliche für die Übersetzung angegeben ist, ist die gleiche Bärbel Winkler, die auch an der Studie mitgewirkt hat. Ein Leser darf hier davon ausgehen, dass zwischen Frau Winkler und Herrn Cook ein so enger Austausch stattfindet, dass die wichtigste und zentrale Aussage der Studie sauber übersetzt wurde.

Und John Cook und sein Team setzen hier noch einen drauf.

„Lassen Sie sich das auf Ihrer Kleinhirnrinde zergehen“, würde Ken Jebsen an dieser Stelle sagen. Lesen Sie das obige Zitat einmal genau.

97% der Klimaforscher haben aus der Beweislage geschlossen, dass der Mensch den aktuellen Klimawandel verursacht.

 

Es gäbe also demnach einen Konsens, der besagte, dass der Mensch nicht nur den überwiegenden Anteil am Klimawandel zu verantworten hätte (also mehr als 50%) sondern er hätte DEN Klimawandel zu verantworten. Die Menschheit hätte demnach die gesamte globale Erwärmung alleinig zu verantworten! Das entspräche 100% menschlichem Einfluss.

Das ist eine Aussage, die die Studie von Cook und Kollegen mit ihrer Methodik gar nicht erbringen kann, denn darin wurde maximal ein Zustimmungsgruppe abgefragt, die dem Menschen einen Anteil von über 50% am Klimageschehen zuschreibt. Hier wird also sehr flexibel mit den Studienergebnissen in dem Handbuch zum Klimakonsens umgegangen.

Und es bleibt hier die Befürchtung, dass diese uneindeutige und sprachlich sehr sportliche Wortwahl volle Absicht sein könnte. Ich komme am Ende nochmal auf diesen Punkt zu sprechen.

Die zentrale Fragestellung bleibt:

Ist es wissenschaftlich zulässig, folgende drei Kategorien (bzw. Zustimmunsggruppen) unter dem Statement “ Unter den Abstracts, die eine Position zu AGW (anthropogenen globalen Erwärmung) ausdrücken, befürworten 97,1% den Konsens, dass Menschen die globale Erwärmung verursachen. “ zusammenzufassen?

(1) Explicit endorsement with quantification / Explicitly states that humans are the primary cause of recent global warming

(2) Explicit endorsement without quantification / Explicitly states humans are causing global warming or refers to anthropogenic global warming/climate change as a known fact

(3) Implicit endorsement / Implies humans are causing global warming. E.g., research assumes greenhouse gas emissions cause warming without explicitly stating humans are the cause

Ins Deutsche übersetzt wäre dies:

(1) Explizite Bestätigung mit Quantifizierung Stellt ausdrücklich fest, dass der Mensch die Hauptursache der jüngsten globalen Erwärmung ist
(2) Explizite Bestätigung ohne Quantifizierung Ausdrücklich heißt es, dass Menschen die globale Erwärmung verursachen oder dass die anthropogene globale Erwärmung / der Klimawandel eine bekannte Tatsache ist
(3) Implizite Bestätigung Impliziert, dass Menschen die globale Erwärmung verursachen. Die Forschung geht beispielsweise davon aus, dass Treibhausgasemissionen eine Erwärmung verursachen, ohne explizit anzugeben, dass Menschen die Ursache sind

(Zu den davon leicht abweichenden aber inhaltlich identischen Formulierungen aus dem Rohdatensatz bitte in den vorangegangenen Artikel schauen.)

Nach meiner Kontrolle der Kategorie 2 mit einer nicht repräsentativen Stichprobe von inzwischen 98 Arbeiten kann ich mit Sicherheit sagen, dass keiner der von mir gefundenen Abstracts aussagt, dass der überwiegende Anteil des Klimawandels vom Menschen erzeugt ist, schon gar nicht, dass 100% des Klimageschehens menschliche Ursachen hätte.

In Kategorie 3 finden wir noch schwammigere Formulierungen. Auch hier sind offenbar nur wissenschaftliche Veröffentlichungen abgelegt, die zwar irgendwie einen Anteil des Menschen am Klimawandel indirekt postulieren aber nichts genaues zur Größe dieses Anteils aussagen, oder aber noch nicht einmal explizit den Menschen als (eine) Ursache (von vielen) des Klimawandels erwähnen. Letztere wurden dann vom Team um John Cook so interpretiert, dass da eine klimakonsensbefürwortende Aussage drin wäre.

Unterm Strich bleibt also die ernüchternde Feststellung: Nein, es ist nicht zulässig, diese drei Kategorien in einen Topf zu werfen.

Diese Zusammenfassung von Kategorien 1 bis 3 gab es wohl nur, um eine größtmögliche Menge an wissenschaftlichen Veröffentlichungen wider aller Logik und wahrheitsgemäßer Aussage unter dem Satz…

Unter den Abstracts, die eine Position zu AGW ausdrücken, befürworten 97,1% den Konsens, dass Menschen die globale Erwärmung verursachen.

Automatische Übersetzung durch Google und sinngemäß korrekte Übersetzung nach Abgleich mit dem „Consensus Handbook“.

… zusammenzufassen. Das ist kein sauberes wissenschaftliches Vorgehen und eine vorsätzliche Täuschung des Lesers.

Der zweite Teil der Cook-Studie

Ich habe in meiner ersten Veröffentlichung zum Klimakonsens auf den zweiten Teil der Cook Studie keinen Bezug genommen.

Der Grund: Ich hatte zu dem Zeitupunkt dazu schlicht keine Rohdaten gefunden. „Keine Rohdaten“ heißt automatisch, dass man hier nichts überprüfen kann. Die Nicht-Erwähnung wurde mir zum Vorwurf gemacht, zumal der zweite Teil der Studie ja die gefundenen 97% Konsens des ersten Teils bestätigen würden. Abgesehen davon, dass ich in allen Interviews auf den zweiten Teil hingewiesen habe, ist dieser Vorwurf in jedem Fall Nonsens: Der Rechenweg und das daraus resultierende Ergebnis im ersten Teil von Cooks Arbeit wurden von mir beanstandet. Die Leser ignorieren die offensichtlichen Fehler des ersten Teils der Studie und behaupten einfach, dass der zweite Teil ja die Richtigkeit des ersten Teils bestätigte. Selbst wenn der zweite Teil richtig gerechnet wäre und zum gleichen Ergebnis führen würde, ist das keine Bestätigung des Ergebnisses des ersten Teils. Aber hätten sich die Kritiker meines Artikels einmal vorher Cooks Rohdaten zum zweiten Teil wirklich durchgelesen…

Cook et al. behaupten zum zweiten Teil:

In einer zweiten Phase dieser Studie haben wir Autoren eingeladen, ihre eigenen Arbeiten zu bewerten. Im Vergleich zu abstrakten Ratings äußerte ein geringerer Prozentsatz der selbstbewerteten Papiere keine Position zu AGW (35,5%). Unter den selbstbewerteten Beiträgen, die eine Position zu AGW ausdrücken, befürworten 97,2% den Konsens.

Automatische Übersetzung, vgl. mit Cook et al.: Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature. Enviromental research letters, 2013 IOP Publishing Ltd.
https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/8/2/024024

Die Glaubwürdigkeit dieser Aussage leidet daran, dass wir bereits wissen, dass der erste Teil der Cook-Studie zum Klimakonsens eine vollkommen irreführende Zusammenfassung enthält.

Grundlegende Regel in der Naturwissenschaft ist: Ergebnisse müssen nachprüfbar und unter gegebenen Bedingungen wiederholbar sein.

Zur Überprüfbarkeit gehört auch, dass man die Rohdaten zu einer Arbeit veröffentlicht.

Nachdem meine Anfrage zum ersten Teil der Arbeit von John Cook ignoriert wurde habe ich jetzt nach einer schriftlichen Anfrage zu den Rohdaten des zweiten Teils innerhalb weniger Minuten eine Antwort-Email erhalten, die mich zu folgender Seite leitete:

https://skepticalscience.com/tcp.php

Darin zu finden sind tatsächlich auch die Rohdaten zum zweiten Teil der Studie.

https://skepticalscience.com/docs/self_vs_abstracts_private.txt

Wer sich diesen Datensatz durchliest findet dies hier:

Year Abstract Self

1991 4 3.0000

1991 4 1.0000

1991 3 3.0000

1991 4 4.0000

1991 3 2.0000

1991 4 3.0000

1991 4 5.0000 […]

Auszug aus dem Datensatz zur zweiten Hälfte von Cooks Studie.

Sie verstehen hier nur „Bahnhof“? Cook et al. erklären dazu, dass die Daten anonymisiert sind. Den Grund dafür habe ich auf die Schnelle auf den Seiten von Cook et al. nicht finden können. Wie plausibel so eine Anonymisierung oder ein Datenschutz ist, überlasse ich dem Urteil des Lesers.

Im Datensatz sehen Sie folgendes: Die erste Spalte zeigt das Veröffentlichungsjahr der Studie, die zweite Spalte die Bewertung von Cook et al. und die dritte Spalte die Selbstbewertung der Wissenschaftler inkl. der Nachkommastellen.

Durch die Anonymisierung kann man nicht mehr nachvollziehen, auf welche Studien sich hier die Bewertungen im Einzelnen beziehen. Hier kann man alles behaupten und irgendwelche Zahlen nach Gutdünken eintippen, mit anderen Worten: In diesem Datensatz gibt es massive Möglichkeiten zur Manipulation. Ich unterstelle das dem Team von John Cook nicht. Aber durch die Datenamputation setzen sie sich dem Vorwurf aus, dass man im Nachhinein die Richtigkeit des Datensatzes als solches nicht mehr nachprüfen kann. Warum also wurden hier Daten gelöscht?

Durch diese amputierten Datenkolonnen sind eigentlich alle Bemühungen und Arbeitsstunden von John Cook und Kollegen für den zweiten Teil hinfällig. Wegen der nachträglich gelöschten Daten und der damit einhergehenden Unmöglichkeit, diesen Teil der Arbeit nachzuprüfen stellt sich für mich ganz grundsätzlich der Wille zum wissenschaftlichen Vorgehen von Cooks Arbeitsgruppe in Frage.

Methoden

Ich habe mir dennoch die Daten in mein Tabellenkalkulationsprogramm geladen und nachgeprüft, wie viele der einzelnen Arbeiten in welche Zustimmungsgruppe (bzw. -Kategorie, wie ich es im letztem Artikel genannt habe) zugeordnet wurden.

(Ich gehe hier nicht darauf ein, in wiefern Cook et al. im Vergleich vom zweiten zum ersten Teil der Studie wissenschaftliche Artikel laut Rückmeldungen der einzelnen Wissenschaftler falsch eingeordnet haben. Das habe ich noch nicht überprüft und das könnte man zu einem späteren Zeitpunkt in einem weiteren Artikel diskutieren.)

Ergebnis

Das ernüchternde Ergebnis meiner kleinen Berechnungen können Sie hier lesen:

Ergebnis Cook Studie 2013, 2. Teil

Hier können Sie sich die zugehörige Open-Office-Tabelle herunterladen, und meine Berechnungen nachprüfen.

Kurz zusammengefasst:

Die Selbsteinschätzung von 1189 Autoren, die sich auf 2142 Studien beziehen, erbrachte folgendes Ergebnis:

Immerhin 10,58% der Autoren sind diesmal der Meinung, dass der Mensch den überwiegenden Anteil am Klimageschehen zu verantworten hätte. (Gruppe 1) Aber nicht 97,2% !

25,8% der Autoren meinen, dass der Mensch einen Anteil am Klimageschehen hat, nennen aber nicht die Höhe des Anteils. (Gruppe 2)

Und 25,37% der Autoren meinen irgendwie implizit erwähnt zu haben, dass der Mensch verantwortlich am Klimageschehen ist. (Gruppe 3)

Diesmal wollen sich 36,42% nicht zu dem Thema festlegen, gehören also laut Cook in Gruppe 4.

Diskussion

Das klingt abermals nicht nach 97,2% wie von Cook et al. einleitend behauptet.

Fassen wir die ersten drei Zustimmungsgruppen zusammen kommen wir laut eigener Daten auf 61,75%.

Vergleichen Sie hierzu die Tabelle 4 aus Cooks Arbeit:

(Automatische Übersetzung durch Google Translator)

Das entspricht ziemlich genau den 62,7% die Cook in seiner Tabelle als Zustimmung zum Konsens der anthropogenen globalen Erwärmung (AGW) angibt. Ich kann mir nicht erklären, wie die leichte Abweichung in den Prozentwerten zustande kommt.

Der aufmerksame Leser wird es aber schon ahnen. Cook und Kollegen haben abermals die ersten drei Zustimmungsgruppen wider aller Logik zusammengefasst und einfach irreführend behauptet, alle diese Gruppen würden einem Konsens zustimmen, dass der Mensch den überwiegenden Anteil am aktuellen Klimawandel hat.

Und abschließend haben sie die Gruppe 4 (diejenigen, die keine Aussage machen) wieder aus der Stichprobengröße herausgerechnet, was am Ende zu den sagenhaften 97,2% Konsens führt.

Was ich davon halte, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Mein Amüsement hält sich in engen Grenzen.

Man bedenke, dass die 11944 wissenschaftlichen Artikel, die Cooks Arbeitsgruppe untersucht hat nur in die engere Auswahl kamen, weil sie das Ergebnis einer Stichwortsuche nach ‚global warming‚ (= globale Erwärmung) oder ‚global climate change‚ (= globale Klimaänderung) waren.

Im Nachhinein die Stichprobengröße zu verkleinern und einzelne Artikel von den Berechnungen auszuschließen, weil sie keine eindeutige Position zum Thema geäußert hätten geht hier nicht. Es handelt sich bei den Artikeln bereits um eine Auswahl, denn gelistet sind nur solche, die sich mit dem Thema ‚Klimawandel‘ beschäftigen. Wenn Wissenschaftler zum Thema keine klare Aussage machen, hat das seine Gründe. Auch das muss dokumentiert werden.

(Aber selbst wenn man die Arbeiten ohne Meinungsbekundung zum Klimawandel von der Stichprobe ausschließt, kommt man im ersten Teil lediglich auf einen Anteil 1,59% an Arbeiten, die dem Klimakonsens vom über 50%igen Anteil des Menschen am Klimawandel zustimmen. Das ist ebenso weit von 97% entfernt. )

Es macht einfach unendlich fassungslos, zu sehen, wie leichtfertig hier mit Zahlen umgegangen wird. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Studie einzig dazu dient, Material für Debatten mit sogenannten „Klimaleugnern“ zu liefern.

Und Klimaleugner sind laut dem Wikipedianer Andol alle, die irgendwie skeptisch sind, was auch nur einzelne Teile der offiziellen Verlautbarungen vom IPCC anbelangt. Andol ist der Wikipedianer, der sich nur zu gerne am Material von Cook bedient.

Und Andol hat im Wikipediaartikel namens „Leugnung der menschengemachten globalen Erwärmung“ 22 von 29 Einträgen des Namens „Cook“ vorgenommen (womit ausschließlich der hier thematiserte John Cook gemeint ist). Und ja, Andol ist fast alleiniger Autor dieses Artikels mit über 88%. (Stand 29.01.2020)

Siehe folgende Statistik:

Offenbar hat Andol eine besondere Zuneigung zu John Cooks Arbeiten. All das dient nicht zur neutralen Unterrichtung des Lesers, sondern zur politischen Meinungsbeeinflussung.

Die gezielte Beeinflussung der Meinungsbildung im politischen Diskurs ist weder die Aufgabe von Wissenschaft noch die Aufgabe eines Lexikons. Sie sollen allenfalls neutrale Daten liefern. Mehr nicht!

Und diese angeblichen 97,2% Konsens werden grafisch sehr schön dargestellt, damit auch der lesefaulste Zuschauer gleich begreift, dass er als Skeptiker klar in der Minderheit wäre:

Skeptical Science Graphics by Skeptical Science is licensed under a Creative Commons Attribution 3.0 Unported License. Based on a work at www.skepticalscience.com.
Quelle: https://skepticalscience.com/graphics.php?g=1

Gerne werden Arbeiten in ein dubioses Lager eingeordnet, die zum gleichen desaströsen Ergebnis bzgl. der Cook-Studie kommen. Das geschieht auch in den Medien, die ich regelmäßig konsumiere, also KenFM, Rubikon, Free21, etc. Andere Veröffentlichungen, die unabhängig von Cooks Studie zu einem ähnlichen Ergebnis kommen, werden hingegen als wichtig betont. Es wird dabei nicht kontrolliert, ob da evtl. ähnliche Zahlenmanipulationen vorliegen könnten. Das ist Polemik und hat in Sachdiskussionen nichts verloren. Hier findet keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Texten statt, stattdessen urteilt man über die Qualität der Texte mittels eines angeblichen gesellschaftlichen oder wissenschaftlichen Ansehens der Verfasser oder dem Umfeld, in dem die Texte veröffentlicht werden. Das ist nicht gut und ist das Gegenteil von der Aufforderung zum selbstständigen Denken.

Eine fehlerbehaftete Cook-Studie sagt nichts über den Wahrheitsgehalt anderer Arbeiten aus, die auf dem gleichen Gebiet zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Man darf einen Anfangsverdacht äußern, dass da die restlichen Studien genauer unter die Lupe genommen werden sollten, mehr aber auch nicht.

Auch umgekehrt sagt das Ergebnis anderer Studien nichts über die Richtigkeit der Cook-Studie aus. Hierzu ausnahmsweise eine Analogie: Ein Schüler, der in einer Mathearbeit zum angenommenen richtigen Ergebnis kommt, aber im Rechenweg an vielen Stellen grobe Fehler gemacht hat, wird dafür kaum einen nennenswerten Teil der zu vergebenden Rohpunkte bekommen. Noch problematischer wird es, wenn er zwar das Ergebnis seines Nachbarn abgeschrieben hat, jedoch nicht erkannt hat, dass dieser eine andere Variante der Mathearbeit zu schreiben hatte.

Es wurde mehrfach der Eindruck in verschiedenen Kommentaren erweckt, ich hätte gar nicht erwähnt, dass es andere Studien zum Thema „Klima-Konsens“ gäbe. Dazu verweise ich auf folgenden Absatz meines ersten Artikels:

Wir können auf Basis dieser Daten hier aber noch eine viel weitergehende Frage stellen:

Wie ist es den anderen sieben bekannten Studien zum angeblichen Klimakonsens möglich, auf Zustimmungswerte bis 99% zu kommen? Die Cook-Studie deckt hier mit 11.944 untersuchten Veröffentlichungen bereits eine ziemlich große Menge an wissenschaftlichen Arbeiten und damit auch Äußerungen zum Klimawandel ab. Wenn wir hier einen nur verschwindend geringen Anteil an Zustimmung zum angeblichen Klimakonsens des IPCC finden, auf welcher Datenbasis kommen dann die anderen Studien zu 99%? Es ergibt sich hier ein erster Anfangsverdacht, dass auch mit diesen Studien etwas nicht stimmen kann. „Further research has to be done.“

Den Eindruck zu erwecken, ich hätte gar keinen Bezug auf andere Studien genommen ist also grob verfälschend. Oder aber man hat diesen Abschnitt einfach überlesen.

Hat die Arbeitsgruppe um John Cook sauber gearbeitet? Nein, hat sie nicht! Weder im ersten noch im zweiten Teil der Studie.

Ich bin gespannt, was man noch alles an dem nicht anonymisierten Datensatz zum zweiten Teil herausfinden könnte, wenn man ihn denn irgendwo auftreiben könnte.

Vorschau auf einen weiteren Artikel zum Thema

Mich erreichten zahlreiche Tipps und Zuschriften auf meinen letzten Artikel, die sich im Tenor einig waren, dass der Artikel nur an der obersten Spitze des Eisbergs kratzte, und da noch mehr Ungereimtheiten im Verborgenen liegen.

Auch Prof. Bandelt übersendete Schriften von namhaften Wissenschaftlern, die massive Kritik an der Cook-Studie üben. Ich habe mir diese durchgelesen und befinde diese Artikel für äußerst wichtige Beiträge zum Thema.

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle zwei ausführliche Beiträge von

  • Richard Tol (einer der führenden Ökonomen und ehemaliger Mitarbeiter beim IPCC = „Weltklimarat“ )
  • Andrew Montford (einem Chemiker und Publizist, der zahlreiche Prozesse der Klimaforschung auf seinem bekannten Bishop-Hill-Blog kritisch begleitet.)

Richard Tol und Andrew Montford erheben noch weitergehende Vorwürfe zur Cook-Studie. Sie beleuchten sehr wichtige Dinge, die ich hier nicht besprochen habe. Diese werde ich in einem weiteren Artikel zum Thema prüfen und zusammenfassen. Besonders die Fragestellung, ob die Cook-Studie ergebnisoffen durchgeführt wurde wird von den genannten Autoren näher beleuchtet.

 

Text: Markus Fiedler, Februar 2020, Aktualisierung am 24.05.2023