Computergestützte Unterrichtseinheiten zum Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen

Computergestützte Unterrichtseinheiten
zum Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen

Vermittlung von Medienkompetenz am Beispiel
aktueller Arbeitstechniken in der Musikproduktion

Analoge und digitale Klangerzeugung und Klangverarbeitung

von Markus Fiedler, 28.12.2007
www.markus-fiedler.de

Einleitung

Leider stellt sich die aktuelle Situation im schulischen Musikunterricht (in meinem Heimatland Niedersachsen) so dar, dass insbesondere in höheren Klassen des Gymnasiums oberhalb der 9. Klasse bedingt durch das Zentralabitur kaum Zeit bleibt, abseits des Stoffverteilungsplans den Schülern die Sicht auf neue aktuelle multimediale Problemstellungen zu eröffnen. Der Stoffverteilungsplan wird in der Regel von Musiklehrern erstellt, die sich wenig bis gar nicht mit modernen computergestützten Medien auskennen oder richtet sich streng nach den Vorgaben der nächsten Zentral-Abiturprüfungen. Die zentralen Abiturprüfungen enthielten bis dato ebenfalls keine Fragestellungen, die ausführlicher das Thema „Moderne Medien“ behandeln. Vielleicht auch deshalb, weil man jedem klassisch ausgebildeten Musiklehrer die Möglichkeit geben will, Schüler adäquat auf das Zentralabitur vorzubereiten. Also einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Das soll kein Vorwurf sein, sondern beschreibt aus meiner Sicht einfach den Status quo. Leider sieht der Ausbildungsstand der Lehrer und Schüler in Realschulen und Hauptschulen ähnlich aus, was die Erarbeitung techniklastiger Themen anbelangt.

Dem gegenüber steht der Wille des Gesetzgebers, den Schülern Medienkompetenz zu vermitteln und ihnen dadurch eine Möglichkeit zu geben, sich in der modernen Mediengesellschaft zurecht zu finden. Mit Medienkompetenz ist sicher nicht gemeint, eine Taste auf einem CD-Player drücken zu können. Auch nicht nur, einen Text auf einem PC zu tippen und ihn nachfolgend ausdrucken zu können. Vielmehr geht es darum, auf Basis eigener Erfahrungen und eigenem Wissen ein mediales Produkt (in Bild, Ton oder beidem) einordnen zu können und ein begründetes Urteil über die Qualität des Dargebotenen fällen zu können. Damit verknüpft sind beispielsweise Kaufentscheidungen der Schüler, die sich dann im Idealfall an nachprüfbaren Qualitätsmerkmalen orientieren und nicht „aus dem Bauch heraus“ gefällt werden. Das Fach Musik eröffnet hierfür unter allen Schulfächen die am weitesten reichenden pädagogischen und didaktischen Möglichkeiten.

In den meisten Bundesländern geben die gesetztliche festgelegten Rahmenrichtlinien bzw. Fachlehrpläne Unterrichtsinhalte und Themenschwerpunkte vor, die sich mit elektronischer Klangerzeugung und ggf. mit digitaler Audiodatenverarbeitung beschäftigen.

Rahmenrichtlinien und Fachlehrpläne der einzelnen Länder sind vom deutschen Bildungsserver verlinkt.
Im Folgenden sind exemplarisch einige Textpassagen aus den Lehrplänen dreier Bundesländer aufgezählt.

Bundesland

 

Titel

 

Seite

 

Inhalt

 

Bayern Fachlehrplan für Musik, Ebene 4
(Gymnasium, KWMBl I 1990 So.-Nr. 3 S. 125 ff.).
http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0
519 Kennenlernen verschiedener Möglichkeiten der
Klangerzeugung (6 MT);
Erproben von elektronischen Klängen nach den
gegebenen Möglichkeiten (vgl. 1)
Bayern Fachlehrplan für Musik, Ebene 4
(Gymnasium, KWMBl I 1990 So.-Nr. 3 S. 125 ff.).
http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0
552 Die Schüler werden in die Grundlagen der Akustik, ihre Bedeutung im Rahmen der musikalischen
Praxis und die elektronische Klangerzeugung mit ihren Wirkungsmöglichkeiten eingeführt. Sie erhalten
einen zusammenfassenden Überblick über die Musikinstrumente nach Entwicklung, Bau, Klangerzeugung
und Spielweise und über die Vielfalt der Instrumentalbesetzungen. Durch das Verfolgen musikalischer
Verläufe im Partiturbild soll Sicherheit beim Erfassen von Klangbeispielen erreicht werden.
Grundlagen der Akustik
– Schallerzeugung
– Schwingungen, Wellenlänge, Frequenz
– Obertonreihe, Klangfarbe
– Resonanz
Experimentieren mit verschiedenen Materialien;
Veranschaulichen an Musikinstrumenten;
Demonstration akustischer Sachverhalte( z.B.
Naturtöne, Flageolett) an Hörbeispielen
elektronische Klänge
– mechanische Klangerzeugung mit elektronischer
Verstärkung (z.B. E-Gitarre)
– elektronische Klangerzeugung (z.B. Synthesizer)
Kennenlernen der verschiedenen Möglichkeiten
der Klangerzeugung (6 MT);
Erproben von elektronischen Klängen nach den
gegebenen Möglichkeiten (vgl. 1.3)
Bayern Musik Fach- /Jahrgangsstufenlehrplan (Ebene 3, Realschule Jg. 8, 15. Juni 2001 Nr. V/1 – S 6410 – 5/18432
ersetzt Lehrplan vom:14.4.1994)
http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0
363 Mu 8.3 Musik und Medien [IB, ME]

Die Schüler befassen sich mit zeitgemäßer Herstellung von Musik. An Beispielen gewinnen die Schüler Einsicht in die
Bedeutung von Internet und Multimedia. Sie beschäftigen sich mit den modernen Medien und können sie zur
Informationsbeschaffung und Präsentation von Ergebnissen einsetzen.
Digitalisierung von Tönen und Klängen: Möglichkeiten und Voraussetzungen moderner Musikproduktionen
kennen lernen, soweit vorhanden auch ausprobieren [BO] (z. B. sich über elektronische Klangerzeugung, digitale
Studiotechniken informieren; am Computer Musik machen)
Musik im Dateiformat: anhand geeigneter Beispiele die Bedeutung der Musik im Multimedia herausarbeiten;
Musik und Informationen darüber im Internet suchen; Lernprogramme oder CD-ROMs zu Musiktheorie und Musikgeschichte
betrachten (z. B. Informationen zu einem vorgegebenen Thema suchen; Rechte des Download-
Verfahrens ansprechen; Präsentation erstellen)

 

Bayern Lehrplan für die bayerische Hauptschule, Kapitel III-Teil I Jahrgangsstufe 8, 07.07.2004

Fachlehrplan für Musik

http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0

298 8.3 Musik und Computer
Lernziele
Die Schüler gewinnen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten, Computer in der Musik einzusetzen.
Sie erproben die in der Schule vorhandene Hard- und Software und setzen sie bei einem
Gestaltungsversuch ein. ® Inf 8.4
Lerninhalte
8.3.1 Musikalische Anwendungsmöglichkeiten des Computers
– Erproben verschiedener Programme, z. B. interaktive Programme zur allgemeinen Musiklehre oder
zur Gehörbildung, zur Werkbetrachtung oder Instrumentenkunde, dabei Wiederholen und Vertiefen
musikalischer Grundkenntnisse
– ggf. Umsetzen von Musikdaten in Notenbilder über Tastatur oder Keyboard
– ggf. Bearbeiten von gespeicherten musikalischen Verläufen mit einem Sequenzerprogramm
– nach Möglichkeit Vergleichen von Notenbild und Tonausgabe
8.3.2 Gestaltungsversuch „Computermusik“ (als Projekt geeignet)
– Zusammenstellen der zur Verfügung stehenden musikalischen Mittel (am Computer zu generierende
Klänge und ggf. traditionelle musikalische Instrumente)
– gemeinsame Entscheidung für ein Thema, Planen eines musikalischen Ablaufs, ggf. mit multimedialer
und szenischer Erweiterung
– Realisieren der einzelnen Bestandteile in arbeitsteiligen Unterrichtsverfahren
– Zusammenfügen der Bestandteile zu einem Ablauf, Einübung
– nach Möglichkeit Darbietung in geeignetem Rahmen (z. B. Schulkonzert, Klassenelternabend),
Band- bzw. Videoaufnahme
Niedersachsen Rahmenrichtlinien Fach Musik (Gymnasium, April 1986, Hrsg. Niedersächsischer Kultusminister)

http://db2.nibis.de/1db/cuvo/ausgabe/index.php?fach1=19

6 […] Lernbereich 1: Musikmachen -mit Stimmen – mit Instrumenten – mit elektronischen Klangerzeugern
Niedersachsen Rahmenrichtlinien Fach Musik (Gymnasium, April 1986, Hrsg. Niedersächsischer Kultusminister)

http://db2.nibis.de/1db/cuvo/ausgabe/index.php?fach1=19

10 Musikmachen mit elektronischen Klangerzeugern
Elektronische Klangerzeuger eröffnen neuartige musikpraktische Möglichkeiten und neue ästhetische Erfahrungen. Der Umgang mit elektronischen Instrumenten und Geräten kommt der Neigung der Jugendlichen entgegen, sich technischen Neuerungen positiv zuzuwenden. Technische Geräte bieten über die zumeist genutzte Speicherung und Wiedergabe von Musik hinaus Möglichkeiten zur gezielten Veränderung von Klängen, die musikalisch produktiv verwendet werden können. Lernziele und Lerninhalte in diesem Bereich können je nach apparativer Ausstattung der einzelnen Schule erweitert werden, bevorzugt in einer entsprechenden Arbeitsgemeinschaft. Der Musikerzieher sollte technischen Entwicklungen gegenüber offen sein.
Lernziele
Die Schüler sollen

  • elementare Möglichkeiten elektronischer Klangerzeugung, Klangveränderung und Klangmischung anwenden können
  • Erfahrungen haben im Umgang mit elektroakustischen verfremdeten oder erzeugten Klängen
  • nach vorgegebenem oder selbst entwickeltem Plan Klangabläufe gestalten können


Unterrichtsinhalte
Verfremdung und Veränderung von Klängen und gespeicherter Musik (z.B. Echo, Hall, Veränderung der Bandgeschwindigkeit)

ggf. Erzeugung und Mischung von elektronischen Klängen

Gestaltung von Klangszenen, z.B.akustische Untermalung von Bild, Film, szenischem Spiel, Tonbandcollagen“

Niedersachsen Rahmenrichtlinien Fach Musik
(Gymnasium, April 1986, Hrsg. Niedersächsischer Kultusminister)
13 …] Musikalische Elemente […] Klangfarbe Geräusch, Klang, Ton, Teiltöne, Artikulationsweisen
Niedersachsen Rahmenrichtlinen für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Besonderes Unterrichtsangebot im Fach Musik“

(Schroedel-Verlag, 2000, Hrsg. Niedersächsisches Kultusministerium)

15 2.2.2 Lernbereich 2 „Musikalische Gestaltungsmittel und Formen […] Die Schülerinnen und Schüler sollen […]

  • im Zusammenhang mit Stimme und Instrumenten, Wiedergabegeräten und elektronischen Klangerzeugern Grundlagen der Akustik kennen


Entwicklung, Spieltechnik und
Klang der gebräuchlichen Instrumente
und elektronischen Klangerzeuger
kennen

Instrumentenkunde:
Einzelinstrumente (Klang, Form, Bauweise,
Spieltechnik)
Instrumente zur elektronischen Klangerzeugung
und Verarbeitung

 

Rheinland Pfalz Lehrplan MUSIK
Klassen 5 – 9/10
Hauptschule
Realschule
Gymnasium
Regionale Schule
Gesamtschule
Herausgeber: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung,
Mittlere Bleiche 61, 55116 Mainzhttp://lehrplaene.lernfabrik.de/lehrplaene-nach-faechern.html
4 Lernen im Musikunterricht beinhaltet einen gezielten Umgang mit Medien
Musikunterricht des Informationszeitalters bezieht Medientechnologie mit ein: Audiovisuelle Medien und Computer können bei der Klärung von Sachverhalten von hohem praktischen Nutzen sein.
Medienkompetenz bezieht sich nicht nur auf praktische und kognitive Fähigkeiten,
sondern schließt eine kritische Reflexion der Medien ein. Ausgangspunkt ist die
Erfahrung im Umgang mit dem technischen Gerät.
Rheinland Pfalz Lehrplan MUSIK
Klassen 5 – 9/10
Hauptschule
Realschule
Gymnasium
Regionale Schule
Gesamtschule
Herausgeber: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung,
Mittlere Bleiche 61, 55116 Mainzhttp://lehrplaene.lernfabrik.de/lehrplaene-nach-faechern.html
113 (Gymnasium Jg.9/10, aber ähnlicher Aufbau für Realschule (S.83)
Baustein: Musikproduktion
Mögliche Unterrichtsgegenstände
Musikvideos
>Remixe, Coverversionen alter Titel
Liveproduktionen, Computergestützte Musikproduktion
Mögliche Umgangsweisen (Musik machen, Musik umsetzen, Musik hören, sich über Musik verständigen)
Song bzw. Ausschnitte eines Songs einspielen, ein Playback am >Sequenzer
einspielen
Veränderungen am Arrangement ausprobieren
Regelung der Grundparameter (Lautstärke, Balance, Klang, Effekte)
ausprobieren und deren Möglichkeiten kennenlernen
Original mit Remix oder Coverversion – Studiofassung mit Liveversion
vergleichen
Prüfen der Formel: Neuer Sound = Bessere Musik?
Klang und Wirkung an einem konkreten Beispiel diskutieren
Fachbegriffe
Produktion, Regelung, Remix, Coverversion, Parameter, Playback
Rheinland Pfalz Lehrplan MUSIK
Klassen 5 – 9/10
Hauptschule
Realschule
Gymnasium
Regionale Schule
Gesamtschule
Herausgeber: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung,
Mittlere Bleiche 61, 55116 Mainzhttp://lehrplaene.lernfabrik.de/lehrplaene-nach-faechern.html
36 (Hauptschule)

Methodenkompetenz: Aspekt „Medienkompetenz“
Zur Analyse und Konzeption von Werbemusik werden auditive und visuelle
Medien benötigt – Gelegenheit, Geräte wie Videokamera, Tonbandgerät und
Musikcomputer bedienen zu lernen und über ihren Stellenwert in der
„Mediengesellschaft“ zu diskutieren.

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Außer vielleicht, dass dieser Teil der Rahmenrichtlinien und Fachlehrpläne in den allermeisten aktuellen Stoffverteilungspläne nicht repräsentiert ist. In meinem Heimatland Niedersachsen habe ich einmal online mehrere Stoffverteilungspläne verschiedener Schulen durchgelesen und musste leider feststellen, dass in diesen Stoffverteilungsplänen herzlich wenig zum Thema elektronische Musik auftaucht. Hier als Negativbeispiel der Stoffverteilungsplan Musik des Clemens-August-Gymnasiums in Cloppenburg (http://www.c-a-g.de/plaene/planmusik.pdf ). Dort findet man nichts zum Thema elektronische Musik. Man darf daraus schließen, dass dieser Lehrplan nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, zumal hier verbindliche Unterrichtsvorgaben schlichtweg fehlen (siehe verbindliche Rahmenrichtlinien für das Land Niedersachsen). Ohne dass ich das Fachkollegium an diesem Gymnasium genauer kenne, würde ich aus dem Lehrplan schließen, dass die Schwerpunkte der Lehrer auch dort generell im Bereich „alte Musik“ zu finden sind.

Unterrichtseinheiten

Die folgenden Unterrichtseinheiten sind ein Angebot für Lehrer, die Ausbildungslücke zu schließen. Mittels multimedialer Computerprogrammen werden Schüler und Lehrer Schritt für Schritt in die Welt der analogen und digitalen Klangerzeugung und -verarbeitung eingeführt.

Die Klang- und Geräuscherzeugung analoger Synthesizer
Handlungsorientiertes Arbeiten mit Beispielprogrammen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden.
Der Artikel bezieht sich auf von mir bereitgestellte Synthesizersoftware.